Regelmäßig kommt das Likert-Antwortformat für psychologische Items zum Einsatz. Es zeichnet sich dadurch aus, dass die Enden der Skala jeweils mit einer Antwortmöglichkeit versehen sind (vgl. Titelbild). So kann beispielsweise das linke Ende mit „stimme überhaupt nicht zu“ beschriftet sein, das rechte Ende mit „stimme voll und ganz zu“. Über eine Antwort auf einer mehrstufigen Skala ordnet eine befragte Person nun zu, ob sie eher dem linken, oder eher dem rechten Pol zustimmt. Dabei kann die Skala verschieden viele Stufen haben. Wer die Möglichkeit eines Mittelwertes auslassen will, verwendet eine gerade Anzahl an Stufen. Damit wird auch die Tendenz zur Mitte, also der Tatsache, dass viele dazu tendieren, einen mittleren Wert auszuwählen, vermieden. Andererseits wird so die Möglichkeit genommen, eine tatsächlich neutrale Position einzunehmen.
Psychologische Konstrukte messbar machen
Durch Likert-Skalen wird es ermöglicht, psychologische Konstrukte zu operationalisieren. Während die Größe von zwei Gegenständen beispielsweise gut mit einem Maßband gemessen und deren Größe dann verglichen werden kann, funktioniert das Messen von psychologischen Konstrukten nicht so einfach. Mit der Likert-Skala wird eine Möglichkeit geschaffen, diese Konstrukte zu erfassen. Während bei einem Maßband klar ist, dass der Abstand von einem zum zweiten Zentimeter genauso groß ist wie vom zweiten zum dritten Zentimeter (nämlich jeweils ein Zentimeter), kann man das beim Likert-Antwortformat nicht so einfach sagen.
Ordinalskaliert oder intervallskaliert?
Eine einfache Onlinerecherche nach Auswertemöglichkeiten von Likert-Skalen zeigt ein großes Diskussionspotenzial auf. So gibt es auf die Frage, ob Daten, die durch Items mit Likert-Antwortformat erfasst wurden, als ordinalskaliert oder intervallskaliert betrachtet werden müssten, unterschiedliche Antworten. Eine Ordinalskala besteht aus Ausprägungen, die in eine Rangfolge gebracht werden können. Eine Intervallskala hat zusätzlich zwischen den Ausprägungen gleichmäßige Abstände. Zur Frage der Skalierung gab es mit Stand zum 06.03.2021 allein auf einen Forenbeitrag bei ResearchGate.net 171 Antworten, die verschiedene Schlüsse zulassen.
Ein häufiges Argument in dem Forenbeitrag für eine ordinale Skalierung ist, dass nicht genau gesagt werden könne, ob die Abstände zwischen einer starken und einer moderaten Zustimmung dieselbe seien, als bei der starken und moderaten Ablehnung. Ein ebenfalls im genannten Forenbeitrag verlinktes wissenschaftliches Paper deutet an, dass es einige Mythen und „Urban Legends“ rund um die Nutzung von Likert Skalen gibt. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass Likert-Items alleinstehend als atomar zu sehen sind und keine intervallskalierte Betrachtung erlauben, während das molekulare Bündel aller Items eine intervallskalierte Betrachtung erlaube. Dies haben die Autoren in mehreren Studien, die in dem Paper referenziert sind, ebenfalls nachvollzogen. Zusammenfassend ergibt sich also die Empfehlung, einzelne Items ordinalskaliert zu betrachten und erst bei der Summe aller Items je Skala von einer Intervallskalierung auszugehen. In vielen Studien wird dies nicht so gehandhabt und einzelne Items werden direkt miteinander verglichen.
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Quelle: Carifio, J., & Perla, R. J. (2007). Ten Common Misunderstandings, Misconceptions, Persistent Myths and Urban Legends about Likert Scales and Likert Response Formats and their Antidotes. Journal of Social Sciences 3 (3), 106-116.