Software, die an Anwendern vorbei entwickelt wird, ist selten sonderlich beliebt. Immer noch passiert es, dass Software an Unternehmen eingeführt wird, die nur unter Frust und Widerstand der Mitarbeiter Verwendung findet. Gründe dafür sind oftmals fehlende Usability und unzureichende Abbildung von Arbeitsprozessen. Nach expertokratischem Ansatz ist der Entwickler der Software Experte in seinem Fachgebiet und weiß, wie man eine nutzbare Software technisch einwandfrei erstellen kann. Dagegen sind die späteren Anwender einer Unternehmenssoftware diejenigen, die die Arbeitsprozesse kennen, welche durch die Software unterstützt oder abgebildet sein sollen.
Beide Experten zu vernetzen, hat jedoch nicht nur Vorteile, wie etwa den Wissensaustausch. Anwender, die selbst keine Softwareentwickler sind, können oftmals die technischen Möglichkeiten nicht richtig einschätzen. Das führt durchaus dazu, dass hohe Erwartungen an die Software gestellt werden, die jedoch nicht erfüllt werden können. Das Ergebnis kann wiederum Frust und Enttäuschung, sowie eine verringerte Akzeptanz sein.
Software-Engineering-Prozesse wie der Unified Process haben einen iterativen Ansatz. Das bedeutet, dass die verschiedenen Stufen der Entwicklung einem wiederkehrenden Ablauf folgen. Am Ende eines jeden Durchlaufs existiert eine Version der Software, die von den Anwendenden genutzt wird und durch Feedback zu neuem Input führt. Dieser Input kann genutzt werden, um die Software immer wieder im Sinne der Anwendenden zu optimieren.
Ein Modell für die Erklärung der Entstehung von Akzeptanz im Kontext von Technologien
Ein gängiges Modell, welches die Akzeptanz für Technologie bei Endanwendern erklärt, ist das sogenannte Technology Acceptance Model (TAM). Dieses wurde 1989 in einer Dissertation von Fred Davis veröffentlicht und in zwei weiteren Versionen weiterentwickelt. Die Grundlage ist jedoch dieselbe: Das Modell nimmt an, dass externe Einflussfaktoren auf die beiden Variablen „Perceived Usefulness“ (Wahrgenommene Nützlichkeit) und „Perceived Ease of Use“ (Wahrgenommene Einfachheit der Benutzung) einwirken. Diese wiederum werden als Prädiktoren für die letztliche Einstellung zur Nutzung und tatsächlichen Nutzung betrachtet. Die Zusammenhänge des Modells konnten bereits in vielen empirischen Untersuchungen bestätigt werden.
Studie zur Überprüfung des Einflusses von Partizipation auf die Akzeptanz
Im Rahmen einer Masterarbeit wurde jetzt untersucht, inwiefern Möglichkeiten der Partizipation beim Softwareprojekt einen Einfluss auf die Akzeptanz für die Nutzung hat. Dafür wurden die Akzeptanzfaktoren „User Participation“ als praktisch ausgeprägte Komponente und „User Involvement“ als psychologisch ausgeprägte Komponente untersucht. User Participation wurde operationalisiert durch einen Fragebogen von Barki & Hartwick (1994), welche verschiedene Möglichkeiten der praktischen Partizipation in verschiedenen Phasen des Software-Engineerings abgefragt haben. Der Fokus der Befragung in der Masterarbeit lag dabei bei der Einführungsphase. Zur Operationalisierung des User Involvement wurde das Personal Involvement Inventory von Judith Zaichkowsky in einer gekürzten Fassung verwendet. User Involvement als Konstrukt drückt aus, als wie bedeutsam ein Anwender die Software wahrnimmt. Am Ende der Befragung im Rahmen der Studie lagen 105 verwertbare Datensätze von Nutzern unterschiedlichster Unternehmenssoftware vor. Durch Voruntersuchungen konnte ein Pfadmodell erstellt werden, dessen Pfadkoeffizienten durch ein Strukturgleichungsmodell im Open Source R Package Lavaan berechnet werden konnten.
Durch die erhobenen Daten zeigte sich, dass die praktische Komponente (User Participation) keinen direkten Einfluss auf die Prädiktoren für die Akzeptanz hat. Nur durch die psychologische Komponente (User Involvement) als Mediatorvariable wirkt die User Participation auf die Akzeptanzfaktoren. Begleitend wurde auch die Entwicklung der Widerstände durch Anwendende untersucht. Während durch erhöhtes User Involvement auch eine erhöhte User Akzeptanz ermittelt werden konnte, konnte für den Nutzerwiderstand ein negativer, bedeutsamer Zusammenhang festgestellt werden. Das bedeutet im Klartext, dass eine praktische Teilhabemöglichkeit von Endanwendern in Softwareprojekten eine positive Auswirkung auf das User Involvement ermittelt werden konnte, und dadurch eine gesteigerte Akzeptanz der Nutzer für die Software, als auch ein verminderter Widerstand der Anwender bei der Nutzung der Software.
Was bedeutet das für die Praxis?
In der Studie hat sich die Annahme bestätigen lassen, dass eine Möglichkeit der Teilhabe der Anwender am Software-Engineering einen positiven Einfluss auf die letztliche Akzeptanz hat. Praktische Möglichkeiten ergeben sich dabei zum Beispiel aus der Veröffentlichung von Barki und Hartwick:
- Aktives Schulen als Trainer oder geschult werden durch andere Anwender
- Möglichkeiten des Feedbacks durch fest definierte Ansprechpartner aus dem Entwicklungsteam in den verschiedenen Abteilungen
- Testdaten bereitstellen und auswerten.
Als wichtiger Prädiktor für Akzeptanz und auch gegen Widerstand konnte die wahrgenommene Nützlichkeit des Systems ermittelt werden. Es bietet sich also an, frühzeitig den Nutzen des neuen Systems zu bewerben und die Funktionen zu erklären. Ebenfalls würde es sich anbieten, die Dringlichkeit zur Nutzung des neuen Systems aufzuzeigen, indem klargemacht wird, was die Auswirkungen sind, wenn das System nicht genutzt würde. Zu guter letzt konnte im Rahmen der Studie festgehalten werden, dass Nutzerwiderstand auch als etwas positives aufgefasst werden kann. Indem Widerstand als Feedback aufgenommen und darauf reagiert wird, kann eine positive Wirkung stattfinden und Akzeptanz erzeugt werden. Eine Rückmeldung auf den Widerstand hat dabei eine große Bedeutung, denn ausbleibendes Feedback erwies sich als schlechteste Variante für den Umgang mit Widerstand, da dadurch der Widerstand weiter erhöht wurde.
Quellen:
Barki, H., & Hartwick, J. (1994). Measuring User Participation, User Involvement,
and User Attitude. MIS Quarterly, 18(1), S. 59-82.
Davis, F. (1989). Perceived Usefulness, Perceived Ease of Use, and User
Acceptance of Information Technology. MIS Quarterly, 13(3), S. 319-340.
Kim, H.-W., & Kankanhalli, A. (2009). Investigating User Resistance to Information
Systems Implementation: A status quo bias perspective. MIS Quarterly, 33, S.
567-582.
Zaichkowsky, J. (1994). The Personal Involvement Inventory: Reduction, Revision,
and Application to Advertising. Journal of Advertising, 23(4), S. 59-70.